Flandern

Flandern
Flạn|dern; -s:
1. historische Landschaft an der Nordseeküste auf dem Gebiet der heutigen Staaten Belgien u. Frankreich.
2. belgische Provinz.

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Flạndern,
 
niederländisch Vlaanderen ['vlaːndərə], französisch Flandre [flãːdr], historische Landschaft an der Nordseeküste, umfasst Gebietsteile Belgiens (Provinz Ost- und Westflandern), Frankreichs (den Norden der Départemente Nord und Pas-de-Calais) und der Niederlande (den Süden der Provinz Seeland: Seeländisch-Flandern, niederländisch Zeeuws-Vlaanderen) und ist im Wesentlichen von Flamen bewohnt. Während aus historischer Sicht das belgische Flandern nur das westliche Nordbelgien umfasst, ist der Name Flandern seit dem 19. Jahrhundert für ganz Nordbelgien gebräuchlich und wird heute auch für die nach dem Föderalisierungsgesetz von 1980 geschaffene flämische Region verwendet.
 
Flandern gliedert sich in die Küstenzone mit Dünen, Sandstrand und Badeorten, in die unter dem Flutniveau liegende, bis 16 km breite, kanaldurchzogene, fruchtbare Polderzone und in das im Süden mehr lehmige, im Norden mehr sandige innere Flandern mit arbeitsintensivem Anbau (u. a. Flachs, Hopfen, Gemüse, Blumen und Blumenknollen) und Schweinemast. Dichte Besiedlung (über 380 Einwohner je km2). Die Bedeutung der traditionsreichen Textilindustrie (bereits im Hochmittelalter blühte die Tuchherstellung) ist beträchtlich zurückgegangen; von Belang sind heute u. a. die Stahlerzeugung, die Automontage, die chemische Industrie, die Nahrungsmittelindustrie und die Papierindustrie, daneben der Fremdenverkehr. Wichtige Seehäfen sind Calais, Dünkirchen, Ostende, Zeebrugge, Terneuzen und Gent.
 
 
Der Anfang des 8. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnte pagus Flandrensis umfasste das Gebiet an der Nordseeküste zwischen Brügge und dem Fluss Yser. Vermutlich seit der Mitte des 9. Jahrhunderts unterstand der Gau einem Grafen. Graf Balduin V. (1035-67) erhielt 1047 die Mark Antwerpen vom Kaiser zum Lehen, sodass er das rechte Scheldegebiet in der gesamten Länge des Flusses beherrschte, im Unterschied zu dem dem französischen König lehnspflichtigen Gebiet links der Schelde, dem Kronflandern, wurde es Reichsflandern genannt. Versuche der französischen Könige, Flandern insgesamt fester an sich zu binden, wehrten die im hohen Mittelalter zu wirtschaftlicher Macht und politischem Einfluss aufgestiegenen flandrischen Städte (z. B. Brügge, Kortrijk, Gent, Ypern) in der Sporenschlacht von Kortrijk 1302 durch die Vernichtung des französischen Ritterheeres ab und wahrten bei der Anerkennung der französischen Oberhoheit (1304) ihre ständischen Rechte. Durch Heirat kamen 1384 Flandern und das Artois an das Herzogtum Burgund, in dessen Verband Flandern seine höchste wirtschaftliche und kulturelle Blüte erlebte. 1477 fiel Flandern mit Burgund an das Haus Habsburg und kam 1556 an dessen spanischen Linie (Niederlande, Geschichte). Im Westfälischen Frieden wurde das nördliche Flandern als Teil der Provinz Seeland den Generalstaaten zugesprochen (daher auch Staatsflandern genannt), die südlichen Teile wurden zwischen 1659 und 1679 französisch. Der Hauptteil fiel 1714 mit einem Teil der spanischen Erbschaft an Österreich. 1794 eroberte Frankreich Flandern, das auf dem Wiener Kongress 1814/15 den Niederlanden angegliedert wurde und in Teilen 1830 an das Königreich Belgien kam, dessen gleichnamige Provinz im Ersten Weltkrieg Schauplatz harter Kämpfe (1917, Schlacht um Flandern) war.
 
 
West-Vlaanderen, bearb. v. A. Viaene (Brüssel 1958);
 H. Domke: F. Das burgund. Erbe (1964);
 R. van Roosbroeck: Gesch. F.s (Neuausg. 1968);
 W. Mohr: Die Entwicklung des fläm. Eigenständigkeitsgefühls bis zum Beginn des 13. Jh. (1977);
 M. van Haegendoren: F. den Flamen. Der lange Weg zur Gleichberechtigung in einem geeinten Europa (a. d. Niederländ., 1987);
 W. Mohr: Die Vorgesch. der Grafschaft F. in Sage u. histor. Wirklichtkeit (1994).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
kommunale Bewegung: Städte und Städtebünde auf dem Höhepunkt ihrer Macht
 

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Flạn|dern; -s: belgische Provinz.

Universal-Lexikon. 2012.

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